Aktuelle Gesetzesänderungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

2022-06-14 01:41:08

Mit Gesetzesbeschluss vom 11. Juni 2021 treten ab dem 28. Mai 2022 relevante Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft, welche den Verbraucherschutz im Hinblick auf die weiter voranschreitende Digitalisierung modernisieren sollen. Grundlage für die Gesetzesänderungen war die Umsetzung der europäischen Richtlinie (EU) 2019/2161 unter der Prämisse „New Deal for Consumers“.

Die Gesetzesänderung ergänzt insbesondere die §§ 5, 5a und 5b UWG, welche die Tatbestände der Irreführung von Verbrauchern seitens Unternehmern normieren.

Darin enthalten ist mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG unter anderem neu das Verbot der „Dual-Quality“. Dies bedeutet, dass Unternehmer nicht in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten äußerlich betrachtet identische Waren mit jedoch unterschiedlicher Qualität verkaufen dürfen, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt erscheint. In Deutschland stellt diese Vorgehensweise bisher kein Problem dar, jedenfalls aber in anderen EU-Mitgliedsstaaten insbesondere in Bezug auf Lebensmittel, weshalb dieser Verbotstatbestand neu aufgenommen wurde.

Darüber hinaus wurde mit § 5a Abs. 4 UWG ein neuer rechtlicher Rahmen für Influencer-Marketing festgelegt, wodurch letztlich die letzten BGH-Rechtsprechungen in diesem Bereich umgesetzt und festgehalten wurden. Dabei heißt es, dass Influencer Videos oder Fotos, in denen Produkte sichtbar beworben werden mit #Werbung kennzeichnen müssen, soweit sie für diese Darstellung eine Gegenleistung erhalten oder sich selbst damit vermarkten. Der Begriff der Gegenleistung wird dabei weit ausgelegt und kann z.B. auch die Bezahlung mit einer Pressereise sein.

Der neu eingeführte § 5b UWG beinhaltet neue Informationspflichten mit denen sich der Unternehmer nun konfrontiert sieht. In der Norm werden geregelt, welche Informationen für den Verbraucher als wesentlich bei dem Kauf einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung angesehen werden. Dadurch soll insbesondere der Verkauf auf „Online-Marktplätzen“ (neue Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG) transparenter für den Verbraucher werden. Darüber hinaus muss nach § 5b Abs. 1 Nr. 6 UWG nun auch die Unternehmereigenschaft des Verkäufers für den Verbraucher sichtbar herausgestellt werden. Betreiben Unternehmer eine Online-Plattform mit Suchfunktion (z.B. eBay, Amazon oder andere Vergleichsportale) so umfasst eine weitere neue Informationspflicht nach § 5b Abs. 2 UWG, dass der Betreiber dieser Plattform die Hauptparameter angibt, welche zur Festlegung des Rankings der präsentierten Marken auf der Plattform führen. Im Ergebnis muss er damit den zugrundeliegenden Algorithmus dem Verbraucher auf verständliche Art und Weise näherbringen. Zusätzlich hat der Unternehmer nach § 5b Abs. 3 UWG eine neue Prüfpflicht von Kundenbewertungen, die er auf seiner Plattform veröffentlicht. Er muss offenbaren, ob und wie die Echtheit der Bewertungen überprüft wird und nach welchem zugrundeliegenden Schema das Aussortieren und die Veröffentlichung erfolgt.

Ebenfalls neu eingeführt wird der Bußgeldtatbestand des § 19 Abs. 1 UWG, welcher ein Bußgeld dann vorsieht, wenn Unternehmer bestimmte Verbraucherinteressen nach § 5c Abs. 1 UWG verletzen. Ebendiese Verbraucherinteressen sind jedoch erst dann berührt, wenn es sich nach § 5c Abs. 1 UWG um einen „weitverbreiteten Verstoß“ handelt d.h., wenn der Verstoß Auswirkungen auf Verbraucher in mehreren EU-Mitgliedsstaaten hat. Verbraucherinteressen sind dann berührt, wenn Verstöße gegen einen Blacklist-Tatbestand, aggressive geschäftliche Handlungen (§ 4a UWG), Irreführungen (§§ 5, 5a UWG) oder unlautere geschäftliche Handlungen (§ 3 UWG) bestehen. Darüber hinaus besagt § 19 Abs. 3 UWG als Einschränkung, dass die Ordnungswidrigkeit nur über eine Kooperation der nationalen Behörden in mehreren EU-Mitgliedsstaaten verfolgt werden kann. Im Ergebnis bedeutet dies, dass lediglich Wettbewerbsverstöße im erheblichen Ausmaß europäischer Dimension unter den § 19 Abs. 1 UWG fallen. Liegt jedoch ein solcher Verstoß vor, so ist mit empfindlichen Geldbußen bis zu 50.000 EUR oder bei einem Unternehmensjahresumsatz von über 1,25 Mio. EUR mit Geldbußen bis zu 4% des Jahresumsatzes zu rechnen.

Eine aufsehenerregende Änderung des UWG liegt mit § 9 Abs. 2 S. 1 UWG vor. Denn nun können Verbraucher unmittelbar gegenüber Unternehmern einen Schadensersatzanspruch geltend machen, wenn diese vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornehmen und dadurch kausal Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die sie sonst nicht so getroffen hätten. Früher war dieser Schadensersatzanspruch nur anderen Mitbewerbern vorbehalten gewesen. Verbraucher mussten sich für die Durchsetzung ihrer Rechte an Verbraucherzentralen halten oder blieben auf die Schadensersatzansprüche aus dem BGB verwiesen, welche jedoch – anders als der neue Anspruch aus dem UWG – grundsätzlich eine vertragliche Beziehung zwischen Verbraucher und Unternehmer voraussetzten. In der Praxis muss jedoch der Verbraucher gerade die Kausalität zwischen unzulässiger Handlung und geschäftlicher Entscheidung beweisen. Außerdem trägt er die Beweislast für das Entstehen eines Schadens.

 

Eva Liebenau

Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei YK Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Düsseldorf