Keine 50/50-Regelung bei gewerblicher Miete im Lockdown in Sicht

2022-06-14 01:39:24

Beim ausstehenden Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Sachen Gewerbemieten im Corona-Lockdown zeichnen sich bereits erste Konturen ab.

Derzeit verhandelt der BGH zu einem Musterfall in Sachsen, in dem das abschließende Urteil am 12.01.2022 erwartet wird.

Im Dezember 2020 beschloss der Gesetzgeber, dass gewerbliche Mieter eine Anpassung ihres Mietvertrages verlangen können, wenn sie aufgrund der Corona-Maßnahmen ihr Geschäft gar nicht oder nur mit starken Einschränkungen öffnen durften. Als Grundlage dient der Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB, was jedoch nicht nur zur Folge hat, dass ein Anspruch auf den Erlass eines Teils der Miete entsteht. Denkbar wäre genauso eine Stundung der Miete, sodass der Vermieter nicht auf das Geld verzichten muss.

Bis zuletzt blieb die Rechtsprechung diesbezüglich uneinheitlich.

Im derzeitigen Musterfall vor dem BGH handelt es sich um die Filiale eines Textil-Discounters, der im Jahre 2020 für einen Monat schließen musste. In vorheriger Instanz hatte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschieden, dass der Discounter etwa die Hälfte der Miete zahlen müsse. Begründet wurde dies damit, dass das Risiko bei einer Systemkrise wie der Corona-Pandemie nicht nur einer Vertragspartei zugemutet werden könne.

Die Richter des BGH haben jedoch im Laufe ihrer Verhandlung bereits zu erkennen gegeben, dass ihnen die 50/50-Lösung des OLG zu pauschal erscheint. Vielmehr müsste eine umfassende Prüfung aller Umstände des Einzelfalls stattfinden. So sei zu berücksichtigen, ob der fragliche Geschäftsinhaber staatliche Hilfen oder Versicherungsleistungen aufgrund von Betriebsschließung erhalten hat.

Während Vermietervertreter argumentieren, dass Mieter und Vermieter keine Solidargemeinschaft darstellen und es deshalb keinen Grund gäbe, warum die Fortzahlung der Miete unzumutbar sei, sehen andere die beiden Vertragsparteien als Betroffene der Pandemie an, die im gleichen Boot sitzen. Jedenfalls könne die 50/50-Regelung der Wirklichkeit nicht gerecht werden.

Die endgültige Entscheidung wird sich nun zu Anfang des neuen Jahres zeigen, wobei bereits jetzt schon alle Zeichen auf Notwendigkeit einer Einzelfallbetrachtung stehen.


Update:

Der BGH hat am 12.01.2022 entschieden, dass eine staatlich angeordnete Ladenschließung während der Pandemie und die damit einhergehenden Umsatzeinbußen kein Mangel im Sinne des Miet-/Pachtrechts darstellt, wohl aber als Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB zu sehen ist. Nach dieser Vorschrift hat der Mieter einen Anspruch auf Anpassung der Miete. In welchem Umfang hängt dabei vom Einzelfall ab – eine Pauschale 50/50 Lösung gibt es nicht.

Zur Begründung führt der BGH an, dass beide Parteien des Gewerbemietvertrages durch die staatlich angeordneten Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie gleichermaßen belastet werden. Es wäre unbillig, die Verantwortung dieser epochalen Krise alleine auf den Schultern der Mieter abzulegen. Am Ende haben wir ein Urteil ganz im Sinne der Solidargemeinschaft, die wir zu sein versuchen.